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Versöhnung, Recht und Unrecht

Versöhnung, Recht und Unrecht

Summary:

Versöhnung, Recht und Unrecht

von

Ehrwürdigen Thanissaro Bhikkhu

Übersetzung ins Deutsche von:

Laien für ZzE

Alternative Übersetzung: noch keine vorhanden

Alternative Formate: Ein Druckversion finden sie in dem Buch: Reinheit des Herzens.

„Zweierlei Toren gibt es. Welche zwei? Denjenigen, der ein Vergehen nicht als Vergehen anerkennt, und denjenigen, der das Vergehen des Bekennenden nicht ordnungsgemäß entgegennimmt. Diese beiden sind Toren.“

Zweierlei Weise gibt es. Welche zwei? Denjenigen, der ein Vergehen als Vergehen anerkennt, und denjenigen, der das Vergehen des Bekennenden ordnungsgemäß entgegennimmt. Diese beiden sind Weise.“ AN 2.21

„Ursache ist es, daß man im Dhamma und der Vinaya der Erhabenen wächst, wenn man ein Vergehen als ein solches erkennt; da entschädigt einer im Einklang mit dem Dhamma und erfährt Hemmnis in der Zukunft. DN 2

Buddha hat erfolgreich eine Religion geschaffen, die einzigartig in ihrer Art ist, Frieden und Harmonie zu fördern. Nicht nur, weil er diesen Qualitäten einen hohen Stellenwert gab, sondern auch wegen der präziseren Anleitungen, wie man diese durch Verzeihen und mit Versöhnung erreichen kann. Zentral in dieser Anleitung ist die Einsicht, daß Verzeihen eine Sache und Versöhnung eine andere Sache ist.

Das Paliwort für Verzeihung, khama, bedeutet auch „die Erde“. Ein Geist wie die Erde ist nicht-reagierend und nicht beunruhigt. Wenn du mir für eine Verletzung vergibst, entscheidest du dich selbst dazu, dich nicht zu rächen oder nach Vergeltung zu trachten. Du mußt mich dazu nicht mögen. Du befreist dich einfach selber von der Last der Missgunst und zerschneidest damit den Kreislauf von Vergeltung, der uns sonst in einen unschönen samsarischen Wrestlingwettkampf verwickeln würde. Dies ist ein Geschenk, daß du uns beiden und vollkommen selbstständig geben kannst, ohne, dass ich davon wissen, noch, dass ich es verstehen muß.

Versöhnung, patisaraniya-kamma, bedeutet zurück zur Freundschaftlichkeit und erfordert mehr als nur Verzeihung. Es erfordert die Wiederherstellung des Vertrauens. Wenn ich die Verantwortlichkeit für meine Taten abstreite, oder dabei bleibe, nichts Falsches getan zu haben, gibt es keinen Weg, daß wir uns wieder versöhnen. Gleich, wenn ich darauf beharre, daß deine Gefühle keine Rolle spielen, oder du kein Recht dazu hast, mich mit deinen Standards von Richtig und Falsch zu vergleichen, dann könntest du mir nicht vertrauen, dich nicht noch einmal zu verletzen. Um dein Vertrauen wieder zu gewinnen, muß ich meinen Respekt gegenüber dir und unseren einvernehmlichen Standards, was ein passendes und ein nicht passendes Benehmen ist, zeigen; eingestehen, daß es dich verletzt hat, ich falsch gehandelt habe und versprechen, ein Gefühl für das Abstehen in Zukunft zu haben. Zur selben Zeit mußt du ebenfalls mein Vertrauen erwidern, indem du den Prozess der Versöhnung in respektvoller Weise annimmst. Nur dann kann unsere Freundschaft auf soliden Beinen wiederhergestellt werden.

Es gibt daher richtige und falsche Wege im Versuch, Versöhnung zu erreichen: jene, die in geschickter Weise den Erfordernissen zum Wiederherstellen von Vertrauen entsprechen, und jene, die dies nicht tun. Um zur Versöhnung unter seinen Anhängern anzuhalten, formulierte Buddha die hierfür erforderlichen Methoden in genauer Weise. Dies gemeinsam mit einer Reihe von Gepflogenheiten, die dazu anhalten, diese Methoden auch anzuwenden.

Die Methoden sind in den Pali-Vinaya-Anleitungen enthalten und beschreiben, wie Mönche Fehlverhalten gegenüber anderen kundtun sollen; wie sie nach Versöhnung mit Laien, denen sie unrecht getan haben, suchen sollen; wie sie verschleppte Streitigkeiten beilegen sollten; und wie eine völlige Spaltung der Sangha geheilt werden sollte. Auch wenn diese an Mönche gerichtet sind, verkörpern diese Anleitungen Prinzipien, die von jedermann angewendet werden können, der nach Versöhnung in den verschiedensten Bereichen, ob nun persönlich oder politisch, sucht.

Der erste Schritt ist in jedem Fall ein Eingestehen eines Fehlverhaltens. Wenn ein Mönch ein Vergehen, wie etwa das Kränken eines anderen Mönches gesteht, erklärt er zuerst, diese Kränkung ausgesprochen zu haben. Dann akzeptiert er, daß diese Kränkung wirklich ein Vergehen darstellt. Zuletzt verspricht er, davon Abstand zu nehmen, dieses Vergehen in Zukunft zu wiederholen. Ein Mönch, der Versöhnung mit einem Laien sucht, geht in ähnlicher Weise, mit einem anderen Mönch als Mediator, in freundlicher Weise gegenüber dem Laien vor. Wenn ein Streit die Sangha in zwei Fraktionen gespalten hat, in einer Weise, daß sich beide in einer ungeschickten Weise benommen haben, und die Fraktionen nach Versöhnung suchen, sind sie angehalten, die Luft durch „Gras darüber wachsen lassen“ zu reinigen. Beide Seiten erstellen eine Deckhülle aus Bekenntnissen von Fehlern und versprechen, die geringfügigen Vergehen der anderen nicht mehr auszugraben. Dies macht sie frei, sich auf die groben Vergehen, die den Streit verursacht oder verschlimmert haben, zu konzentrieren.

Um eine komplette Spaltung der Sangha zu heilen, sind beide Seiten dazu angewiesen, die Wurzeln der Absichten, die zu der Spaltung geführt haben, auf beiden Seiten zu untersuchen. Wenn diese Absichten hoffnungslos arglistig und unehrlich sind, ist eine Versöhnung nicht möglich. Wenn die Gruppe versucht, die Dinge zu flicken, ohne zu den Wurzeln der Spaltung zu gelangen, wurde nichts wirklich geheilt. Nur wenn sich die grundlegende Absicht als versöhnbar erweist und die Differenzen geklärt sind, kann die Sangha die angewiesene Zeremonie zur Wiederherstellung der Einigkeit veranstalten.

Im Klarwerden über diese Anleitungen liegt die Einsicht, daß eine wirkliche Versöhnung nicht bloß auf einer Sehnsucht nach Harmonie basieren kann. Sie erfordert ein einvernehmliches Verständnis, welche Handlungen dazu geführt haben, daß diese Disharmonie entstanden ist, wie auch das Versprechen, diese Handlungen in Zukunft nicht mehr zu setzten. Dies erfordert wiederum ein deutlich ausgesprochenes Einverständnis, wie auch ein Bekenntnis zu einvernehmlichen Standards von Richtig und Falsch. Selbst, wenn sich die Parteien einer Versöhnung darauf einigen, sich nicht zu einigen, erfordert ihr Einverständnis die Unterscheidung von richtigen und falschen Wegen, um ihre Differenzen zu handhaben.

Nun ist dieses Richtig und Falsch zu einem unguten Schlagabtausch in westlichen buddhistischen Kreisen geworden. Entstanden ist dies hauptsächlich aus der Art und Weise, wie wir in unserer eigenen Kultur Recht und Falsch als missbraucht beobachtet haben; so wie, wenn eine Person versucht hätte, eigenmächtig Standards oder böswillige Bestrafungen für andere einzuführen, oder heuchlerische Ansprüche, daß andere Standards folgen müssten, während er dies selbst nicht zu befolgen braucht.

Um diesen Verletzungen aus dem Wege zu gehen, ziehen es manche vor, nach einer nicht-dualen Sichtweise, die Anhaftungen an Richtig und Falsch durchdringen sollte, zu leben. Diese Sichtweise ist allerdings ebenso offen für Misshandlungen. Innerhalb von Gemeinschaften, wo dies toleriert ist, können verantwortungslose Mitglieder die Rhetorik der Nicht-Dualität und der Nicht-Anhaftung nutzen, um ihr eindeutig falsches Verhalten zu entschuldigen; deren Opfer werden ohne gemeinschaftlich festgelegte Regeln, auf deren Basis sie Wiedergutmachung einberufen können, links liegen gelassen. Selbst der Akt des Verzeihens ist in solch einer Umgebung suspekt: Mit welchem Recht richtet das Opfer Handlungen so, als würden sie ein Verzeihen erfordern oder nicht? All zu oft werden die Opfer als im Unrecht angesehen, da sie ihre Standards gegenüber anderen hochgehalten haben und nicht in der Lage sind, sich auch aus ihren dualistischen Ansichten zu erheben.

Das bedeutet, daß Richtig und Falsch in solchen Gemeinschaften nicht wirklich überwunden wurden. Sie wurden einfach nur umorientiert. Wenn du dich auf eine nicht-duale Perspektive berufen kannst, bist du im Recht, was immer du auch getan hast. Wenn du dich über das Verhalten anderer beschwerst, bist du im Unrecht. Und da diese Umorientierung nicht offen als solches ausgesprochen ist, erzeugt diese eine Atmosphäre von Heuchelei, in der wirkliche Versöhnung nicht möglich ist.

Die Lösung liegt nicht im Offenlassen von Richtig und Falsch, sondern im Lernen, wie man diese weise nutzt. Buddha gründete diese Methoden der Versöhnung bestärkend auf wertvolle Gepflogenheiten, mit denen Richtig und Falsch zu einer Hilfe und nicht zu einem Hindernis für Versöhnung werden. Die Checkliste der Fragen, die er empfohlen hatte, läuft auf dieses hinaus: „Bin ich selbst frei von unversöhnten Vergehen?“ Bin ich durch Wohlwollen und nicht etwa durch Revanche motiviert? Bin ich mir über meine eigenen einvernehmlichen Standards wirklich klar?“ Nur jene, die dazu „Ja“ antworten können, sollten ihre Anliegen hervorbringen. Ergänzend hielt Buddha dazu an, daß sie sich nur dann dazu entschließen sollten, zu sprechen, wenn die Worte wahr, zeitgerecht, sanftmütig, auf den Punkt gebracht und von Wohlwohlen getragen sind. Ihre Motivation sollte Mitgefühl, Besorgtheit um das Wohl alle Parteien beinhalten, das Verlangen, den Falschtuer wieder eingegliedert zu sehen, zusammen mit einem darüber liegenden Verlangen, an faire Regeln von Richtig und Falsch zu halten.

Um Leute, die sich falsch verhalten haben, anzuhalten, Versöhnung als einen Gewinn und weniger als ein Verliererunterfangen zu sehen, pries Buddha die ehrliche Akzeptanz von Tadel als etwas Ehrwürdiges und weniger als einen schmachvollen Akt: Nicht nur als ein Mittel an sich, sondern das Mittel für den Fortschritt in der spirituellen Praxis. So wie er seinen Sohn Rahula lehrte: Die Fähigkeit, seine eigenen Fehler zu erkennen und sie anderen zu gestehen, ist der wesentliche Faktor im Erreichen von Reinheit in Gedanken, Worten und Taten MN 61].. Oder wie es im Dhammapada erwähnt wird, daß Leute, die ihre eigenen Fehler einsehen und ihre Wege ändern „die Welt erleuchten wie der Mond, wenn die Wolken gewichen sind“ Dhp 173].

Um zusätzlich einen Ansporn für das ehrliche Eingestehen von Missverhalten zu geben, blockierte Buddha die Wege der Verleumdung. Moderne Soziologie hat fünf grundlegende Strategien festgestellt, die Leute verwenden, um davon abzuhalten, Tadel für Verletzungen zu akzeptieren, und es ist sicher bemerkenswert, daß die Pali-Lehren über moralische Verantwortung all diese fünf anschneiden. Diese Strategien sind: Verantwortlichkeit zu verleugnen; zu verleugnen, daß diese Verletzung überhaupt stattgefunden hat; die Wertigkeit des Opfers zu leugnen; den Kläger zu attackieren und die Rechtfertigung, daß dahinter Absichten einer höheren Aufgabe stehen. Der Kanon entgegnet diesen Strategien wie folgt: 1.) Wir sind Verantwortlich für unsere bewußten Entscheidungen. 2.) Wir sollten uns immer in die Lage der anderen Person versetzen. 3.) Alle Wesen sind es wert, respektiert zu werden. 4.) Wir sollten jene, die unsere Fehler aufzeigen, als unbezahlbare Schätze ansehen. (Mönche sind tatsächlich dazu angehalten, sich nicht respektlos gegenüber Leuten zu verhalten, die sie kritisieren, selbst wenn diese selbst nicht beabsichtigen, sich nach ihrer eigenen Kritik zu richten) 5.) Es gibt keine, wiederholend keine, höheren Absichten, die das Brechen der grundlegenden Verhaltensregeln für ethisches Verhalten rechtfertigen.

Mit dem Festlegen dieser Standards errichtete Buddha einen Rahmen für Wertigkeiten, die beide Parteien dazu einladen, rechte Sprache zu verwenden, um sich zu versöhnen, und zur verantwortungsvollen Selbstreflexion anstifft, welche die Basis für eine Praxis des Dhamma ist. In dieser Weise führen Standards über rechtes und falsches Verhalten, anstelle von Unterdrückung und Kleinlichkeit, zu tiefem und langfristigem Vertrauen. Neben der Schaffung einer äußerlichen und für die Dhammapraxis dienlichen Harmonie, wird der Prozess der Versöhnung auch zu einer Möglichkeit, innerlich zu wachsen.

Buddha gestand ein, daß nicht alle Streitigkeiten ausgesöhnt werden können. Da gibt es Zeiten, in denen die eine oder beide Parteien nicht gewillt sind, Ehrlichkeit zu praktizieren, und von den Erfordernissen wahrer Versöhnung Abstand halten. Aber auch dann ist Verzeihen immer noch eine Möglichkeit. Das ist der Grund, warum die Unterscheidung zwischen Versöhnung und Verzeihen so wichtig ist. Es hält uns dazu an, nicht nur mit bloßem Verzeihen zufrieden zu sein, wenn eine vollständige Heilung durch wirkliche Versöhnung möglich ist, und erlaubt uns, mit unserem Vermögen an Verzeihen darüber hinaus großzügig zu sein, selbst wenn eine Heilung nicht möglich sein sollte.


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de/lib/authors/thanissaro/reconcilation.txt · Zuletzt geändert: 2021/04/18 11:04 von Johann