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J b2.06 Die Weltflucht

J b2.06 Die Weltflucht

Summary: url=./index.html#jb2.06 Die Weltflucht.

J b2.06 {Sutta: J i 001 } {Vaṇṇanā: atta. b2.06|atta. b2.06}

Die Weltflucht

b2.06

übersetzt aus dem Pali ins Deutsche von:

Julius Dutoit

Allmählich gelangte der Bodhisatta in das Alter von sechzehn Jahren. Der König ließ für den Bodhisattva für die drei Jahreszeiten(139) passend drei Paläste erbauen, einen mit neun Stockwerken, einen mit sieben Stockwerken und einen mit fünf Stockwerken. Auch stellte er vierzigtausend Tänzerinnen für ihn auf. So war der Bodhisattva, wie ein Gott von der Schar der Göttermädchen umgeben ist, von reich geschmückten Tänzerinnen umgeben; indem er mit übermenschlicher Musik geehrt wurde, genoss er großes Glück und verweilte je nach der Jahreszeit in dem oder dem Palaste. Die Mutter Rahulas(140) [Rahulamata] aber, die Fürstin, war seine erste Gemahlin.

Während er so großes Glück genoss, entstand im Kreise seiner Verwandten eines Tages folgende Rede: „Siddhattha ist beständig nur dem Spiel ergeben; er erlernt keine Kunst. Wenn ein Kampf entsteht, was wird er da tun?“ Der König ließ den Bodhisattva zu sich rufen und sprach zu ihm: „Mein Sohn, deine Verwandten sagen: ‘Siddhattha hat keine Kunst gelernt, sondern er ist nur dem Spiel ergeben.’ Was meinst du nun zur gegebenen Zeit?“ Der Bodhisattva antwortete: „O Fürst, ich brauche keine Kunst zu erlernen. Lasst in der Stadt durch Trommelschlag verkünden, dass man meine Kunst ansehen soll. Am siebenten Tage von heute an werde ich meinen Verwandten meine Kunst zeigen.“ Der König tat so. Darauf ließ der Bodhisattva Bogenschützen versammeln, die wie der Blitz trafen und die ein Haar trafen, und zeigte nun inmitten einer großen Volksmenge seinen Verwandten seine zwölffache Kunst, die für andere Bogenschützen unerreichbar war. Dies ist in der Art, wie im Sarabhanga-Jataka(141) angegeben, zu verstehen. Jetzt war die Schar seiner Verwandten vom Zweifel befreit.

Eines Tages aber bekam der Bodhisattva Lust, in seinen Park zu fahren, und er sagte zu seinem Wagenlenker: „Spanne den Wagen an!“ Dieser erwiderte: „Gut.“ Er zierte einen sehr wertvollen, ausgezeichneten Wagen mit allem Schmuck, spannte vier königliche Sindhu-Rosse, die die Farbe des Blattes der weißen Wasserlilie hatten, daran und teilte dies dem Bodhisattva mit. Dieser bestieg den einem Göttersitze gleichenden Wagen und fuhr fort in der Richtung nach dem Parke.

Da dachten die Gottheiten: „Die Zeit ist gekommen, dass der Prinz Siddhattha zur Erleuchtung gelangen soll; wir wollen ihm ein Vorzeichen vor Augen stellen.“ Und sie machten einen Göttersohn zu einem hinfälligen Greis mit schadhaften Zähnen und grauem Haar, krumm, in gebeugter Haltung, mit einem Stabe in der Hand, zitternd, und zeigten ihm diesen. Nur der Bodhisattva und sein Wagenlenker bemerkten ihn. Da fragte der Bodhisattva den Wagenlenker: „Lieber, was ist das für ein Mensch? Seine Haare sind nicht wie die anderer Leute“, usw., wie es im Mahapadana(142) geschildert ist. Als er dessen Antwort vernommen hatte, rief er aus: „O pfui über die Geburt, da sich ja bei dem Geborenen das Alter zeigen wird!“ Erschüttert im Herzen kehrte er um und stieg in seinen Palast hinauf. Der König fragte: „Warum kommt mein Sohn so rasch zurück?“ Man erwiderte ihm: „Er hat einen alten Mann gesehen, o Fürst; weil er den alten Mann gesehen hat, wird er die Welt verlassen.“ Da versetzte der König: „Warum(143) wollt ihr mich zugrunde richten? Holt rasch Tänzerinnen für meinen Sohn; wenn er sein Glück genießt, wird er nicht an die Weltflucht denken.“ Und er verstärkte die Wachen und stellte sie nach allen Richtungen ein halbes Yojana(144) weit auf.

Als ein andermal der Bodhisattva wieder nach dem Parke fuhr, gewahrte er einen von den Göttern geschaffenen kranken Menschen; er fragte wieder wie vorher erwähnt und kehrte wieder beunruhigten Herzens in seinen Palast zurück. Der König fragte auch wieder wie oben erwähnt, traf abermals seine Anordnungen, verstärkte die Wachen und stellte sie auf allen Seiten drei Gavutas weit aus.

Als wieder einmal der Bodhisattva nach dem Parke fuhr, bemerkte er einen Toten, der von den Gottheiten gebildet war; er fragte abermals wie oben erwähnt und kehrte wieder mit beunruhigtem Herzen in seinen Palast zurück. Abermals fragte der König wie oben ausgeführt, gab seine Befehle, verstärkte nochmals die Wachen und stellte sie nach jeder Richtung ein Yojana weit auf.

Als nun der Bodhisattva an einem anderen Tage nach dem Parke fuhr, sah er einen von den Gottheiten geschaffenen Mönch, der in richtiger Weise oben und unten bekleidet war, und er fragte den Wagenlenker: „Wer ist das, Lieber?“ Nun kannte der Wagenlenker, weil es ja noch keinen Buddha gab, einen Mönch und die Vorzüge des Mönchtums allerdings nicht; aber auf Eingebung der Götter sagte er: „Es ist ein Mönch, o Fürst“, und pries die Vorzüge des Mönchtums. Der Bodhisattva fand Gefallen an der Weltflucht und fuhr an diesem Tage nach dem Parke. — Die Erklärer des Digha-Nikaya(145) aber sagten: „Nachdem er die vier Vorzeichen an einem einzigen Tage gesehen hatte, zog er fort.“

Nachdem er dort einen Teil des Tages sich ergangen hatte, badete er in dem königlichen Lotosteiche; als dann die Sonne untergegangen war, setzte er sich auf den königlichen Steinsitz und wollte sich schmücken lassen. Da nahmen seine Diener verschiedenfarbige Gewänder, allerlei Arten von Schmucksachen, Kränze, wohlriechende Substanzen und Salben und stellten sich um ihn herum.

In diesem Augenblick wurde der Sitz heiß, auf dem Sakka saß. Dieser dachte nach: „Wer will mich von dieser Stelle vertreiben(146)?“ Da sah er, dass es Zeit war zur Schmückung des Bodhisattva, und er sprach zu Vissakamma: „Lieber Vissakamma, der Prinz Siddhattha wird heute um Mitternacht die große Weltentsagung betätigen; dies ist seine letzte Schmückung. Gehe in den Park und ziere den Helden mit himmlischem Schmuck!“ Jener erwiderte: „Gut“, und begab sich durch göttliche Macht in diesem einen Augenblick dorthin. Hier nahm er die Gestalt eines Barbiers an, nahm aus der Hand eines anderen Barbiers den Turban und bekleidete damit das Haupt des Bodhisattva. Der Bodhisattva aber erkannte, als jener ihn mit der Hand berührte: „Dies ist kein Mensch, sondern ein Göttersohn.“ Sobald er aber den Turban herumlegte, stiegen an seiner Frisur in der Form eines Edelsteinkleinods tausend Stofffalten empor; während er ihn nochmals herumlegte, wieder tausend: kurz, während er den Turban zehnmal herumlegte, stiegen zehntausend Falten empor. Wie aber auf den kleinen Kopf zehntausend Stofffalten hinaufgingen, darüber braucht man nicht nachzudenken; die allergrößte von ihnen war so groß wie eine Priyangu-Strauch-Blume, die übrigen waren so groß wie Kutumbaka-Blumen(147). Das Haupt des Bodhisattva glich einer mit Staubfäden voll aufgeblühten Kuyyaka-Blume(148).

Während aber ihn, als er mit allem Schmuck geziert war, alle Arten der Instrumente jedes seinen Ton hören ließen, während ihm die Brahmanen mit „Siege“, „Freude“ und ähnlichen Worten, die Dichter, Musiker und Andhakas(149) u.dgl. mit mannigfachen festlichen Worten und Lobrufen begegneten, bestieg er seinen mit allem Schmuck gezierten herrlichen Wagen.

Zu dieser Zeit hatte der große König Suddhodana gehört: „Rahulas Mutter hat einen Sohn geboren“; und er sandte Botschaft: „Teilt meinem Sohne meine Freude mit!“ Als der Bodhisattva dies vernahm, sagte er: „Rahula ist geboren, eine Fessel ist geboren.“ Der König fragte: „Was hat mein Sohn gesagt?“; und als er dessen Äußerung erfuhr, versetzte er: „Von nun an soll mein Enkel „Prinz Rahula“ [Rahulakumara] heißen.“

Der Bodhisattva aber bestieg seinen Wagen und fuhr unter großer Ehrung mit übergroßer fürstlicher Herrlichkeit in die Stadt. Zu dieser Zeit sah die Tochter eines Edlen, Kisagotami mit Namen, die auf den Söller ihres Palastes gestiegen war, die königliche Schönheit des Bodhisattva, wie er die Stadt von rechts umfuhr; sie ward mit Freude und Entzücken erfüllt und rief aus:

[§271] „Gesegnet wohl die Mutter ist, gesegnet wohl der Vater ist, gesegnet wohl die Gattin ist, der dieser Gatte eigen ist.“

Als dies der Bodhisattva hörte, überlegte er: „So hat sie gesagt. Da sie eine so gestaltete Person gesehen, wird von ihr das Herz der Mutter gepriesen, das Herz des Vaters wird gepriesen, das Herz der Gattin wird gepriesen. Was muss aber ausgelöscht(150) sein, damit das Herz Frieden findet?“ Da nun sein Sinn frei war von Leidenschaften, kam ihm folgender Gedanke: „Wenn das Feuer der Lust erloschen ist, ist Friede; wenn das Feuer der Sünde und des Irrtums erloschen ist, ist Friede; wenn Stolz, falscher Glaube u. dgl., wenn alle Leidenschaften und Sünden erloschen sind, ist Friede. Ein gutes Wort hat diese zu mir gesagt, denn ich bin ja im Suchen nach dem Frieden begriffen. Heute ist die Zeit für mich gekommen, die Heimat zu verlassen, fortzugehen, die Weltflucht zu betätigen und so das Nirvana zu suchen. Dies aber soll der Lehrerlohn für sie sein.“ So denkend löste er von seinem Halse eine Perlenkette, die hunderttausend Geldstücke wert war, und ließ sie Kisagotami überbringen. Diese dachte: „Der Prinz Siddhattha hat an mir Gefallen gefunden und schickt mir deshalb dies Geschenk“, und sie wurde voller Freude.

Der Bodhisattva aber stieg mit großer fürstlicher Pracht zu seinem Palaste hinauf und legte sich auf sein Lager nieder. Währenddessen ergriffen seine mit allem Schmuck gezierten Frauen, die in Tanz, Gesang u. dgl. wohl ausgebildet waren und Göttermädchen an Schönheit glichen, ihre verschiedenen Instrumente, stellten sich um ihn herum und führten, um ihn zu erfreuen, ihre Tänze, Gesänge und Musikvorträge auf. Da aber das Herz des Bodhisattva von Leidenschaften befreit war, fand er an den Tänzen u. dgl. kein Gefallen und schlief für einen Augenblick ein. Nun dachten die Frauen: „Der, für welchen wir unsere Tänze aufführen, ist eingeschlafen; warum sollen wir hier weiter spielen?“ Und sie taten ihre Instrumente, die sie ergriffen hatten, wieder weg und legten sich nieder. Die mit duftendem Öle gefüllten Lampen brannten.

Da erwachte der Bodhisattva; er setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf sein Lager und sah nun, wie die Frauen ihre Instrumente weggelegt hatten und schliefen. Einigen lief der Speichel aus dem Munde und besudelte ihren Leib, andere knirschten mit den Zähnen, einige lallten und redeten verwirrtes Zeug im Schlaf, andere hatten den Mund weit offen und bei manchen hatten sich die Kleider verschoben; so erschienen sie Ekel und Widerwillen erregend. Als er diese Veränderung an den Frauen wahrnahm, wurde er noch mehr frei von Begierden. Das reich geschmückte Gemach, das Sakkas Palaste glich, kam ihm vor wie ein wüstes Leichenfeld voll von mannigfach durchbohrten Leichen; die drei Existenzen(151) erschienen ihm wie brennende Gebäude. Da brach er in den begeisterten Ausruf aus: „Ach, wie bedrückt, ach, wie verderbt!“, und sein Herz wandte sich heftig der Weltflucht zu.

Mit den Worten: „Heute noch kommt es mir zu, die große Weltentsagung auszuführen“, stand er auf, ging zur Tür hin und sagte: „Wer ist hier?“ Channa, der mit dem Haupte auf der Schwelle lag, erwiderte: „Ich bin es, Channa, o Prinz.“ Darauf sprach der Bodhisattva: „Ich will heute die große Weltflucht ausführen; zäume mir ein Ross!“ Jener versetzte: „Es ist gut, Herr“, nahm das Zaumzeug und ging nach dem Pferdestall. Hier sah er beim Scheine der mit duftendem Öle gefüllten Lampen unter einem mit Jasminblättern gezierten Baldachin den auf einem hübschen Platze stehenden Kanthaka, den König der Rosse, und er zäumte ihn auf, indem er dachte: „Heute ziemt es mir, diesen aufzuzäumen.“ Das Ross erkannte, als es aufgezäumt wurde: „Diese Aufzäumung ist sehr fest; sie ist nicht wie an anderen Tagen, wenn es sich darum handelt, in den Park zu gehen und sich dort zu erlustigen. Mein Prinz wird heute Lust bekommen haben, die große Weltentsagung auszuführen“, und es wieherte laut fröhlichen Sinnes. Dieser Ton hätte sich in der ganzen Stadt verbreitet; die Götter aber unterdrückten ihn und ließen ihn niemand hören.

Als nun der Bodhisattva den Channa weggeschickt hatte, dachte er: „Ich will noch meinen Sohn sehen“; er erhob sich aus der Stellung mit untergeschlagenen Beinen, ging zu der Wohnung von Rahulas Mutter hin und öffnete die Tür des Gemaches. In diesem Augenblick brannte im Gemache eine mit duftendem Öl gefüllte Lampe. Die Mutter Rahulas schlief auf ihrem mit einem Scheffel großblumiger und arabischer Jasminblüten überstreuten Lager und hielt dabei das Köpfchen ihres Sohnes in der Hand. Der Bodhisattva blieb auf der Schwelle stehen und sah hin; da dachte er: „Wenn ich die Hand der Fürstin entferne, um meinen Sohn zu nehmen, so wird die Fürstin erwachen und es würde mir dadurch ein Hindernis für meinen Weggang entstehen. Wenn ich Buddha geworden bin, werde ich wiederkommen und ihn sehen.“ Und er stieg von seinem Palaste hinab.

Was aber im Jataka-Kommentar(152) steht: „Damals war der Prinz Rahula sieben Tage alt“, das steht in den übrigen Kommentaren nicht. Darum ist nur dies anzunehmen.

Nachdem der Bodhisattva so von seinem Palaste hinabgestiegen war, ging er zu seinem Rosse hin und sagte: „Lieber Kanthaka, trage du mich heute die eine Nacht; wenn ich mit deiner Unterstützung Buddha geworden bin, werde ich die Welt der Götter und Menschen erlösen.“ Darauf schwang er sich auf Kanthakas Rücken. Kanthaka war vom Nacken an achtzehn Ellen lang und besaß die entsprechende Höhe; er war mit Schnelligkeit und Kraft begabt und war ganz weiß wie eine reine Muschel. Wenn dieser nun gewiehert oder mit seinem Hufschlag Lärm gemacht hätte, so wäre der Schall durch die ganze Stadt gedrungen. Deshalb unterdrückten die Götter mit ihrer Macht den Laut seines Wieherns, damit es niemand hörte, und legten ihre Hände unter seine Hufe, wo er jedes Mal hintrat.

Nachdem so der Bodhisattva sein herrliches Ross bestiegen und Channa dessen Schweif hatte ergreifen lassen, kam er um Mitternacht zum großen Stadttor. Nun hatte aber der König gedacht: „So wird der Bodhisattva auf keine Art das Stadttor öffnen und entweichen können“, und hatte es so eingerichtet, dass jeder der beiden Torflügel nur von tausend Mann zu öffnen war. Der Bodhisattva aber, mit Stärke und Kraft ausgestattet, besaß, nach Elefanten gerechnet, die Kraft von zehntausend Millionen Elefanten, nach Menschen gerechnet, die Kraft von hunderttausend Millionen Menschen. Da dachte er: „Wenn das Tor heute nicht aufgeht, werde ich, während ich auf Kanthakas Rücken sitze, vereint mit Channa, der des Rosses Schweif hält, mit den Schenkeln das Ross zusammenpressen und im Sprung über die achtzehn Ellen hohe Mauer hinüberkommen.“ Channa wiederum dachte: „Wenn das Tor nicht offen ist, werde ich den Prinzen auf meine Schultern sich setzen lassen; ich selbst werde Kanthaka mit der rechten Hand um den Bauch nehmen, den Sattelgurt fassen und im Sprunge über die Mauer hinüberkommen.“ Kanthaka aber dachte: „Wenn das Tor nicht offen ist, werde ich meinen Herrn, der auf meinem Rücken sitzt, zugleich mit Channa, der meinen Schweif gefasst hält, emporheben und im Sprunge über die Mauer hinüberkommen.“ Wenn nun das Tor nicht offen gewesen wäre, hätte der eine oder der andere von den dreien es so gemacht, wie er es sich ausgedacht hatte. Aber eine an dem Tore wohnende Gottheit öffnete das Tor.

In diesem Augenblicke dachte Mara(153): „Ich will den Bodhisattva zur Umkehr bewegen“, und in der Luft stehend rief er: „Ehrwürdiger, gehe nicht fort! Nach sieben Tagen wird sich dir das Rad der Weltherrschaft(154) zeigen; du wirst die Herrschaft über die von zweitausend Inseln umgebenen vier Erdteile erlangen. Kehre um, Ehrwürdiger!“ Jener sagte: „Wer bist du?“ „Ich bin Vasavatti“, antwortete Mara. Da sprach der Bodhisattva: „Mara, ich erkenne wohl, dass sich mir das Rad der Weltherrschaft zeigen würde; aber ich brauche keine Herrschaft. Ich werde das System der zehntausend Welten aufjauchzen lassen und ein Buddha werden.“ Darauf erwiderte Mara: „Von nun an werde ich in dir jeden Gedanken der Lust oder des Übelwollens oder der Verletzung erkennen, sobald er erdacht ist“; und um einen Fehler an ihm zu entdecken, heftete er sich ohne wegzugehen an ihn wie ein Schatten. Der Bodhisattva aber wies frei von Lust die ihm in Aussicht gestellte Herrschaft über die Welt wie einen Speichelklumpen zurück und verließ unter großer Ehrung die Stadt am Asalhi-Vollmondstage, am letzten Tage der Asalha-Konstellation.

Da bekam er Lust, die Stadt nochmals anzuschauen. Als aber sein Geist daran dachte, da barst die große Erde, als wolle sie sagen: „O Held, es passt nicht für dich, Halt zu machen und zurückzuschauen“, und drehte sich um wie das Rad eines Töpfers. Der Bodhisattva, der mit dem Antlitz nach der Stadt gewendet dastand und die Stadt anschaute, bezeichnete hierauf an dieser Stelle den Platz für ein Denkmal des Haltmachens von Kanthaka; dann wandte er sein Ross nach dem Weg, der einzuschlagen war, und ritt fort unter großer Ehrung und mit außerordentlicher Herrlichkeit. Damals nämlich trugen Gottheiten vor ihm sechzigtausend Fackeln, hinter ihm sechzigtausend, auf der rechten Seite sechzigtausend und auf der linken Seite sechzigtausend. Andere Gottheiten trugen am Rande des Horizontes(155) unzählige Fackeln; andere Gottheiten, sowie Nagas, Supannas und andere Wesen gingen einher und verehrten ihn mit himmlischen Wohlgerüchen, Kränzen, duftenden Körnern und Weihrauch. Auch mit Paricchattaka-Blumen(156) war die ganze Luft erfüllt, wie zur Zeit des starken Regens mit Wasserströmen. Himmlische Gesänge erschallten; auf allen Seiten ertönten immer acht Instrumente und sechzig Instrumente, im ganzen achtundsechzigmal hunderttausend Instrumente; es ertönte ein Schall wie im Innern des Meeres, wenn eine Wolke Donner herabsendet, oder wie im Innern der Yugandhara-Berge(157), wenn der Ozean daran brüllt.

Indem nun der Bodhisattva in solcher Herrlichkeit vorwärts ritt, durchzog er in einer Nacht drei Königreiche und gelangte, nachdem er dreißig Yojanas zurückgelegt hatte, an das Ufer eines Flusses, der den Namen Anoma hatte. — Warum konnte aber das Ross nicht weitergehen? Freilich konnte es dies, denn es war im Stande, über die ganze Welt hin wie einer, der das Ende des Radkranzes eines auf seiner Nabe stehenden Rades streift, ununterbrochen zu laufen und vor dem Frühmahl wieder zurückzukommen und das für es bereitete Mahl zu verzehren. Damals aber, wo Götter, Nagas, Supannas und andere Wesen in der Luft stehend seinen mit den von ihnen herabgeworfenen duftenden Kränzen u. dgl. bis zur Hälfte bedeckten Körper an sich zogen und wo es die aus duftenden Kränzen bestehende Flechte zerreißen musste, entstand für das Ross eine zu große Verzögerung; darum legte es nur dreißig Yojanas zurück.

Als so der Bodhisattva am Ufer dieses Flusses stand, fragte er Channa: „Wie heißt dieser Fluss?“ Channa erwiderte: „Er heißt Anoma (= „der Erhabene“), o Herr.“ Darauf versetzte der Bodhisattva; „Auch unsere Weltflucht wird wahrlich eine erhabene werden“, und er gab dem Rosse ein Zeichen, indem er es mit der Ferse berührte. Das Ross machte einen Sprung und stand am anderen Ufer des Flusses, der acht Usabhas(158) breit war. Nun stieg der Bodhisattva vom Rücken des Pferdes herab, stellte sich auf eine Sandbank, die einer silbernen Platte glich, und sprach zu Channa: „Lieber Channa, nimm meine Schmucksachen und Kanthaka mit und gehe; ich werde die Weltflucht betätigen.“ Channa erwiderte: „Auch ich, Herr, möchte die Welt verlassen.“ Doch der Bodhisattva entgegnete: „Es ist dir nicht erlaubt, die Weltflucht zu betätigen; gehe!“ So wies er ihn dreimal zurück und übergab ihm sodann seine Schmucksachen und Kanthaka.

Jetzt dachte er: „Diese meine Haare passen nicht für einen Bettelmönch; ein anderer aber ist dazu nicht passend, dem Bodhisattva die Haare abzuschneiden. Deshalb werde ich sie mir selbst mit meinem Schwerte abschneiden.“ So sprechend fasste er mit seiner Rechten das Schwert, mit der Linken seine Locken samt dem Haarknoten und schnitt sie ab. Die Haare legten sich in einer Länge von zwei Zoll(158a) von rechts her an seinen Kopf und blieben daran haften; und solange er lebte, blieben sie so lang und ebenso auch sein Bart. Später war es nicht mehr notwendig für ihn, Haare und Bart zu schneiden.

Als nun der Bodhisattva seinen Haarschopf samt dem Knoten gefasst hatte, dachte er: „Wenn ich ein Buddha werde, sollen sie in der Luft bleiben; wenn nicht, so sollen sie zur Erde fallen“, und er warf sie in die Luft empor. Der Edelsteinturban mit dem Haarschopf flog ein Yojana weit empor und blieb in der Luft. Sakka, der König der Götter, schaute mit seinem göttlichen Auge und fing es mit einem ein Yojana messenden Edelsteinkasten auf; diesen stellte er im Himmel der Dreiunddreißig auf mit dem Namen Haaredelsteinschrein.

[§272] „Nachdem er abgeschnitten den köstlich duftenden Knoten, warf er ihn in die Luft, der erste unter den Männern; in goldnem Kasten nahm ihn auf geneigten Hauptes Gott Vasava, der tausendäugige.“

Darauf dachte der Bodhisattva: „Diese meine Gewänder aus feiner Baumwolle passen nicht für einen Bettelmönch.“ Da merkte der Erzengel(159) Ghatikara, der zur Zeit, da Kassapa der Buddha war, des Bodhisattva Freund gewesen war und dessen Freundschaft in der ganzen Zeit bis zum Auftreten des nächsten Buddha nicht abgenommen hatte, folgendes: „Heute vollbringt mein Freund die große Weltentsagung; ich will die Ausrüstung eines Bettelmönchs nehmen und damit zu ihm hingehen.“

[§273] „Die drei Gewänder und die Schale, das Schermesser, Nadel und Gürtel, dazu der Seiher: diese acht braucht ein der Andacht ergebner Mönch.“

Diese acht Ausrüstungsgegenstände eines Bettelmönchs nahm er also und gab sie ihm. Der Bodhisattva legte die Abzeichen der Heiligen an und nahm die erhabene Kleidung des Mönchsstandes in Empfang. Dann sprach er: „Channa, teile in meinem Namen meinen Eltern mit, dass ich mich wohl befinde“, und schickte ihn fort. Channa bezeigte dem Bodhisattva seine Verehrung, umwandelte ihn von rechts und ging weg. Kanthaka aber stand da und hörte die Stimme des Bodhisattva, wie er mit Channa redete; und er dachte: „Ich werde jetzt meinen Herrn nicht mehr sehen.“ Er ging außer Sehweite, und da er seinen Kummer nicht zu ertragen vermochte, brach ihm das Herz und er starb. Im Himmel der dreiunddreißig Götter wurde er als ein Göttersohn mit Namen Kanthaka wiedergeboren. — Nun hatte Channa zuerst einen Schmerz; durch Kanthakas Tod aber wurde er von einem zweiten Schmerze niedergedrückt. Weinend und trauernd kehrte er zur Stadt zurück.

Anmerkungen

139.

Winter, Sommer und Regenzeit. Es gibt auch sechs Jahreszeiten zu je zwei Monaten.

140.

So heißt Buddhas Gemahlin gewöhnlich im Jataka-Buche; andere Texte legen ihr den Namen Yasodhara oder Bimbadevi bei.

141.

Jataka 522. Die hier erwähnte Stelle findet sich dort am Anfang.

142.

Das Mahapadana-Sutta ist das vierzehnte Sutta des Digha-Nikaya; doch bezieht sich hier die Schilderung auf Vipassi, einen Vorgänger Buddhas. (Vgl. oben Kapitel 1.20 mit Strophe 241.)

143.

Nach der Lesart einer Handschrift „kasma“ statt des überlieferten „tasma“.

144.

Ein Gavuta ist der vierte Teil eines Yojana (vgl. oben Anm. 128); der König verdoppelte also die Ausdehnung der Wachen.

145.

Es sind wohl die Verfasser des Kommentars zum Digha-Nikaya (vgl. oben die Anm. 142) gemeint, nicht, wie Rhys Davids a. a. O. S. 78 meint, diejenigen, die speziell den Digha-Nikaya vortrugen, zumal dort nichts davon steht.

146.

Wenn jemand ein besonders gutes Werk tut, verdient er sich selbst die Würde des Gottes Sakka.

147.

Die Priyangu-Pflanze ist Panicum indicum; Kutumbaka ist nicht näher zu bestimmen.

148.

Vielleicht gleichbedeutend mit „kuraka“ = Boswellia thurifera.

149.

Eine niedrig stehende Mischklasse; eigentlich „die Bewohner des Landes Andhra“, bekannt als Musiker.

150.

Es liegt ein Wortspiel vor, das im Deutschen nicht nachgeahmt werden kann, „nibbuto“, womit „nibbanam“, skr. „nirvana“, das Erlöschen, zusammenhängt, heißt sowohl „ausgelöscht“ als auch „gesegnet“.

151.

Die sinnliche, die körperliche und die unkörperliche Existenz im Gegensatz zum Nirvana.

152.

Rhys Davids (a. a. O. S. 84) weist darauf hin, dass hiermit wohl der alte Kommentar gemeint ist, der in Alt-Singalesich (Elu) verfasst war und von dem unser Jataka-Kommentar eine Umarbeitung ist.

153.

Der Todesgott, bei den Buddhisten das personifizierte Prinzip der Weltlichkeit. Ein Beiname von ihm ist Vasavatti.

154.

Ein magisches Rad, das einem Weltherrscher auf seinem Triumphzug vorausläuft.

155.

Wörtlich: „am Rande des Weltsystems“.

156.

Der Korallenbaum, Erythmia indica; der schönste wuchs in Indras Garten.

157.

Einer der Bergkreise, die um den Meru-(Sineru-)Berg gelagert sind.

158.

Ein Maß, ungefähr vierzig Ellen lang.

158a.

Ein Angula (hier als Zoll übersetzt) ist ein Fingerbreit, ein Dvangula sind zwei Fingerbreit.

159.

Ein Mahabrahma, ein Bewohner des Brahma-Himmels.


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